Arbeitskreis Stolberger Geschichte:
Erläuterungen zur Ausstellung MEINE HEIMAT „Stolberg zur Zeit der Industrialisierung“
Herausgeber: Arbeitskreis Stolberger Geschichte
Zusammenstellung: Heinz Foltz

5.  Die metallverarbeitende Industrie

Die Firma Matth. Lud. Schleicher Sohn im 19. Jahrhundert

Dr. Karl Schleicher

 

Die Geschichte der Firma Matth. Lud. Schleicher Sohn, die diesen Namen erst seit 1840 trägt, ist eng mit der Geschichte der Familie Schleicher und der aus ihr stammenden Messingfabrikanten verbunden.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verfügte der Vater von Matthias Ludolf, Matthias Leonhard Schleicher (1758 bis 1836), noch über vier Kupferhöfe und eine Kapazität von 30 Schmelzöfen. Im Zuge der Anpassungskrise nach Beendigung der Freiheitskriege 1815 gründete er zusammen mit drei anderen Gesellschaftern in der Velau die erste Zinkhütte im Rheinland, die 1834 vom Eschweiler Bergwerksverein übernommen wurde.

Da das Messinghalbzeuggeschäft um diese Zeit immer mehr zurückging, beteiligte sich Matthias Leonhard 1821 zu 50 % an der Neugründung einer Kurzwarenfabrik mit dem Namen Schleicher, von Asten & Prym, die 1865 nach Ausscheiden der Gesellschafter von Asten und Prym ganz auf Schleicher überging.

Der Sohn von Matthias Leonhard, Matthias Ludolf (1788 bis 1831), war bereits 1814 ins väterliche Geschäft aufgenommen worden. Zu seiner Zeit gehörten der Firma der Unterste Hof, die Atscher und die Hamm-Mühle sowie die Mewissche Kupfermühle am Oberstolberger Markt.

Der Sohn von Matthias Ludolf, Eduard (1813 bis 1873), führte verschiedene technische Neuerungen ein. So erbaute er 1838 das Mühlengebäude auf dem Untersten Hof in seiner heutigen Gestalt. 1836 richtete er eine neue Drahtmühle in der Hamm ein, wobei er das Rundschneiden aus Tafelblechen zu Drähten einführte, um so eine möglichst lange Ader zu bekommen und damit die Fertigung zu rationalisieren. Bereits 1857 änderte er das schwerfällige Verfahren des Gießens in Steinformen dergestalt um, dass nun Sandformen eingesetzt wurden. Außerdem modernisierte er das Walzwerk in der Atscher Mühle.

1864 führte Eduard das Drücken von Messingteilen unter gleichzeitiger Beibehaltung des Hämmerverfahrens auf wassergetriebenen Mühlenhämmern ein.

Nach dem Tod von Eduard konzentrierten seine beiden Söhne, Emil (1850 bis 1933) und Walter (1852 bis 1916), die Produktion auf den Untersten Hof. Die übrigen Fertigungsstätten wurden verkauft, eine neue Gießerei erbaut und ein mit einer Dampfmaschine angetriebenes Walzwerk errichtet.

In den Folgejahren wurde das Warmwalzen von Blechen und Drahtknüppeln eingeführt, 1880 das Gießen statt in Sand- in Eisenkokillen.

1898 übernahm die Firma M. L. Schleicher Sohn das Walzwerk von Raymond Lynen und Otto Schleicher in Weisweiler.

Wichtigste Neuerung des Mühlener Betriebes war die Errichtung eines technisch modernen Blechwalzwerkes mit Dampfmaschinenantrieb an der Eisenbahnstraße im Jahre 1902.

Schon um 1900 hatte der jüngste Bruder von Emil, Arthur (1859 bis 1934), in engster Zusammenarbeit mit der Maschinenbauindustrie mit der Entwicklung des Walzens von schmalen Bändern begonnen. Vorher waren bereits die Druckerei und die Stecknadelfabrik modernisiert worden.

Aus einem Betrieb mit 30 bis 40 Arbeitern war damit ein Werk mit mehreren 100 Arbeitern und Angestellten geworden.

 

5.1.  Die Firma Schleicher, von Asten und Prym

Dr. Karl Schleicher

Am 1. Februar 1821 überträgt Friedrich Buff seine Stecknadel-, Haken- und Ösen-, Fingerhut-, Seifendeckel-, Fischangel- und Elastiquen-Fabrik als Kommanditgesellschaft seinen Stolberger Messingdrahtlieferanten unter der Firma Schleicher, von Asten und Prym. 50 % der Anteile übernimmt Matthias Leonhard Schleicher & Sohn, je 12,5 % übernehmen Johann Matthias Schleicher  vom Steinfeld, Johann Nikolaus Schleicher von Roderburg, Casimir von Asten vom Frankental und Gustav Prym vom Salzrumpf. Zeitweise waren bis zu 600 Arbeiter beschäftigt. Buff bleibt Direktor der Firma. Fabrikationsstätten sind Mommas Hof, einer der 6 Höfe der Roderburg, Kuhklauer Mühle und Krautlade. Die Teilhaber Prym und von Asten scheiden bald aus, ebenso Johann Nikolaus Schleicher in den 50er Jahren. 1865 wird die gesamte Firma von Matthias Ludolf Schleicher Sohn übernommen.

Ein wichtiger Fortschritt in der Mechanisierung der Produktion wurde dadurch erzielt, dass 1850 eine von einem gewissen Zehntpfennig in Stolberg erfundene Maschine zur maschinellen Herstellung von Haken und Ösen übernommen wurde. Zehntpfennig verkauft sein Patent und behält sich das Recht vor, selbst mit den Maschinen Haken und Ösen herzustellen.

Sozialpolitisch wichtig ist die Gründung einer Fabrikschule für etwa 180 Schüler im Jahre 1829.

Ausgestellt werden Auszüge aus der Korrespondenz der Firma Schleicher, von Asten & Prym mit der Firma des bedeutenden Industriellen und Politikers Friedrich Harkort (1793 bis 1880) in Wetter an der Ruhr.

Ferner wird ein Schreiben des Gesellschafters Matthias Ludolf Schleicher an die Schüler der Fabrikschule vom 26. Januar 1831 gezeigt.


5.2.  Die Firma von Asten & Lynen

Dr. Karl Schleicher

Die Gesellschafter der am 20. Dezember 1858 gegründeten Firma von Asten & Lynen waren Nachkommen der seit Jahrhunderten ansässigen Stolberger Kupfermeisterfamilien.

Julius von Asten betrieb zu diesem Zeitpunkt im Hof Frankental die Messingherstellung. Christian Lynen hatte eine Stückgießerei auf dem Mühlener Markt. Zweck des Zusammenschlusses war der Weiterbetrieb der bisherigen Aktivitäten, wozu neben der Produktion im Frankental auch eine Metallwarenproduktion in der Kuhklau (heute Hermannstraße) gehörte.

1880 trat Robert Lynen die Nachfolge seines verstorbenen Vaters an.

1884 wurde in der Feldstraße (heutige Kupfermeisterstraße) ein neues Walzwerk mit 2 Gerüsten und Dampfbetrieb eingerichtet, womit man von der Wasserkraft unabhängig wurde, da auch die Fabrik in der Kuhklau über eine Lokomobile verfügte.

Das zu groß dimensionierte Walzwerk konnte zunächst nicht voll genutzt werden, was sich aber bald nach dem Eintritt des Sohnes von Julius von Asten, Max, änderte. Das Walzwerk konnte sogar noch um ein 3. Gerüst erweitert werden.

1897 wurde bei von Asten & Lynen die erste Strangpresse in Deutschland aufgestellt, diese Fertigung jedoch 1901 an die Delta-Metallgesellschaft in Düsseldorf abgegeben.

1906 wurden die Schmelzöfen der Gießerei erstmals in Deutschland von Kohle auf Teeröl umgestellt.

Schon früh gab von Asten & Lynen technisches Know-how aus dem Hause, 1893 und 1899 für Werke in Italien und Belgien.

1912 wurde das Messingwerk Schwarzwald in Villingen gebaut. Diese sehr erfolgversprechende Investition musste wegen des verlorenen 1. Weltkrieges und der durch die Ruhr-Besetzung und Inflation hervorgerufenen Finanznot jedoch an die Firma Junghans in Schramberg verkauft werden.

In das Jahr 1913 fällt auch die Entwicklung der wassergekühlten Gußform durch den damaligen Werkmeister von von Asten & Lynen, Andreas Junker, was eine Revolutionierung des Gießverfahrens der Nichteisenmetalle bedeutete.

 
 

5.3.  Das Unternehmen „William Prym“ (1859 -1914)

Hans-Joachim Ramm

 

1832

Der am 8. Januar verstorbene Gustav Isaac Wilhelm Prym (1783 – 1832) hinterlässt seinen Erben die Kupferhöfe Salzrumpf, Dollartshammer und Unterer Derichsberg sowie zahlreiche Ländereien und drei Betriebe in der näheren und weiteren Umgebung. Die Unternehmensleitung übernimmt William Prym (1811 – 1883). Damals bestehen in Stolberg 11 Messingfirmen mit 35 – 40 Öfen.

1848

William Prym wird am 8. September alleiniger Besitzer der Kupferhöfe Salzrumpf und Derichsberg.

1850

Die von Zehntpfennig in Stolberg erfundene Maschine gibt die Möglichkeit zur maschinellen Herstellung von Haken und Ösen. Zehntpfennig verkauft sein Patent an die Firma Schleicher, von Asten & Prym und behält sich das Recht vor, selbst mit den Maschinen Haken und Ösen herzustellen.

1859

Die Stolberger Messingindustrie erreicht ihren Tiefstand: nur noch 20 Öfen produzieren 7.000 Ztr. Messing. Im Unternehmen William Pryms arbeiten nur noch 8 Personen. Nach dem Eintritt in das väterliche Unternehmen überredet Gustav William Prym (1839 – 1916) seinen Vater dazu, statt der nicht absetzbaren Halbzeugwaren „Nadler- und Panzerwaren“ auf mechanisch selbsttätigen Maschinen herzustellen. Zusammen mit seinem Bruder Heinrich August Prym (1843 – 1927) nimmt er im Herbst 1859 die Produktion mit den sogenannten „Hexen“ auf, 12 Maschinen für Haken und Ösen sowie 6 Maschinen für Ketten für die Nürnberger Spielzeugindustrie. Bleche und Draht stammen aus der eigenen Produktion von Dollartshammer und Derichsberg. Zur Produktpalette kommen 1860 Stecknadeln und 1865 Ketten für Beleuchtungskörper, Schirme, Jalousien, Rollladen und Schmuck hinzu. In wenigen Jahren wird das Verkaufsmonopol englischer Firmen gebrochen. Seit 1875 werden Stecknadeln und seit 1884 Sicherheitsnadeln, Hosenhaken und –augen, Westenschnallen und Vierkantschnallen mechanisch hergestellt.

1872

Die erste Dampfmaschine des Unternehmens wird in Betrieb genommen.

1876

Die Produktion auf dem Kupferhof Dollartshammer südlich von Finkensief wird eingestellt.

1880

Auf der Gewerbeausstellung in Düsseldorf wird die Staatsmedaille an das Unternehmen William Prym verliehen.

1883

Das Unternehmen gründet als eines der ersten im Bezirk eine Betriebskrankenkasse.

1890

Ein Geschäftsbogen des Unternehmens William Prym nennt als Fertigungsprogramm der Messing- und Panzerwarenfabrik folgende Erzeugnisse: Messingblech und –draht, Haken und Augen, Schnallen und Fingerhüte, Stecknadeln, Sicherheitsnadeln, Haarnadeln, Maschinenketten aus Messing und Eisen, Halsuhrketten, Vorhangketten mit Ringen, gedruckte und gestanzte Artikel und Zinkblech für Haushaltung und Luxus, auch feinpoliert und vernickelt.

1895

Das Unternehmen, das bisher als offene Handelsgesellschaft (oHG) firmierte, wird im September in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umgewandelt. Das Stammkapital beträgt 3,1 Millionen Mark. Geschäftsführer wird Heinrich August Prym.

1897

Das Unternehmen produziert jährlich 21.000 Zentner Messing. Gustav William Prym gründet im September eine Stiftung, um erwerbsunfähige Kriegsteilnehmer dauerhaft zu unterstützen.

1898

Die Tochtergesellschaft „William Prym Comp. Limited London“ wird gegründet. Das neue große Messingwerk auf dem Dollartshammer nimmt die Produktion auf. Als erstes Werk in Europa wird es ausschließlich mit elektrischer Energie betrieben.

1900

Das Unternehmen kauft den Dollartshammer und legt ihn mit dem Kupferhof Derichsberg zusammen. Mit den um 1900 aufgenommenen Druckknopferzeugnissen erringt es bald die Überlegenheit gegenüber Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Die gesamte Energieversorgung im Stolberger Werk wird von Dampf auf Elektrizität umgestellt. In Schweidnitz (Schlesien) wird ein Filialwerk gegründet. Im Unternehmen William Prym sind Freie und Christliche Gewerkschaften, eine sogenannte Gelbe Gewerkschaft mit dem Ziel der harmonischen Zusammenarbeit mit der Betriebsleitung sowie die liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine vertreten.

1904

Die Druckknöpfe „Pryms Zukunft“ und „555“ setzen sich in allen in- und ausländischen Absatzgebieten durch. 1914 werden täglich 70.000 Gros (Gros: 144 Stück) produziert. Die Gesamtproduktion erreicht 1913/14 rund 19,3 Millionen Gros mit einem Verkaufswert von mehr als 6 Millionen Mark. In Aachen und 1914 in Eschweiler werden neue Betriebe zur Herstellung von Glaskopf-, Schmuck-, Steck- und sonstigen Hohlnadeln eingerichtet.

1908

Die Tochtergesellschaft „William Prym Comp. Limited New York“ wird gegründet.

1909

Am 3. Oktober stiftet Gustav William Prym unter der Bezeichnung „Gustav Prym Jubiläumsstiftung“ 100.000 Mark, deren Zinsen jährlich an diesem Tag an ehemalige Belegschaftsmitglieder mit einem Jahreseinkommen unter 1.800 Mark verteilt werden. 1914 verkauft Gustav Prym seinen Firmenanteil an seinen Neffen Hans Friedrich Prym (1875 – 1965).

1910

Im Unternehmen William Prym sind 1.920 Arbeitskräfte beschäftigt (1877: 53).

1911

Die Fertigung von Sicherheitsnadeln wird automatisiert mit Automaten, die im Unternehmen selbst entwickelt wurden. 1913 werden 50 Nadeln, 1920 180 Nadeln je Minute hergestellt. Am 23. November 1911 schenkt Heinrich August Prym der Stadt Stolberg 15.000 Mark mit der Auflage, die Zinsen für eine Städtische Bücherei mit Lesehalle zu verwenden. Am gleichen Tag beschließen die Stadtverordneten die Gründung einer Stadtbücherei.

1913

In sämtlichen Betrieben der William-Prym-Werke sind 4.411 Mitarbeiter beschäftigt. Der Exportumsatz beträgt 7,2 Millionen Mark. Die Druckknopfherstellung beträgt jährlich 19,3 Millionen Gros mit einem Verkaufswert von 6 Millionen Mark. Die geplante Steigerung auf 36 Millionen Gros kommt durch den Kriegsausbruch nicht zustande. Die tägliche Arbeitszeit dauert von 6 bis 18 Uhr, samstags von 6 bis 16 Uhr. Hinzu kommen eine Stunde Mittagspause sowie eine halbe Stunde Pause morgens und nachmittags.

1914

Eine Stiftung von Heinrich August Prym in Höhe von 100.000 Mark und weitere Spenden der Stolberger Industrie ermöglichen im Frühjahr den Baubeginn an der Schwimmhalle in der Grüntalstraße.  Der Kriegsbeginn verhindert die Fertigstellung des Rohbaus. Aufgrund der Mobilmachung am 2. August unterstützt Hermine Prym die Einrichtung von drei Lazaretten im Bethlehem-Krankenhaus, im Gymnasium und in der Zweifaller Straße. Am 31. Dezember tritt Heinrich August Prym von der Unternehmensleitung zurück und übernimmt den Vorsitz im Aufsichtsrat. Hans Prym wird sein Nachfolger.

 

5.4.  Die Peltzer Werke

Aus: Ein Jahrhundert Kraus, Walchenbach und Peltzer KG,
Stolberg Rhld. 1861 – 1961

Johann Adolf Felix Peltzer wurde in Stolberg im Jahre 1821 auf dem von seinen Vorfahren erbauten Kupferhof Steinfeld (jetzt Bethlehem-Hospital), wo sein Vater Leonhard Abraham Ernest Peltzer noch die Messingfabrikation betrieb, geboren.

Er hatte mit dem Verkauf der Zinkbleche des Walzwerkes in Münsterbusch begonnen und schloss sich im Jahre 1861 mit Henri Walchenbach zu der Firma Walchenbach & Peltzer zusammen.

Bis 1861 hatte Henri Walchenbach in der heutigen Burgstraße in Stolberg eine Bauklempnerei und eine Werkstätte für Zinkwannen und Eimer. Die im Jahre 1861 neu gegründete Firma Walchenbach & Peltzer eröffnete im Steinweg einen Fabrikbetrieb zur Herstellung von Zinkwannen und –eimern, Dachrinnen, Abfallrohren, Wassersammelkästen und Ähnlichem.

Zur Erweiterung des Fabrikationsprogramms ließen die beiden Unternehmer aus Paris, wo man in der Fabrikation von geprägten Zinkornamenten für Bedachungszwecke besondere Erfahrung hatte, Fallhämmer und Fachleute zur Ausbildung des Bedienungspersonals kommen und nahmen die Herstellung von Bauornamenten und Mansardfenstern aus Zinkblech sowie gegossenen oder geprägten Zinkfiguren hinzu.

Bald wurden die Betriebsräume im Steinweg zu klein, so dass man in den achtziger Jahren die Gelegenheit benutzte, im Prattelsack (pratellum sacrum d.h. Kirchenwiese)die Fabrikgebäude der früheren Firma Stoltenhoff zu kaufen, wohin der Betrieb verlegt wurde, nachdem Moritz Kraus als Teilhaber aufgenommen worden war. Hinfort firmierte die Firma unter der Firmenbezeichnung Kraus, Walchenbach & Peltzer.

Über das Modellager der Firma finden wir in der Heimatchronik einer alten Zeitung eine anschauliche Schilderung: „Mannigfache Bildwerke von bescheidener Gestalt bis zu plastisch lebensvollen Formen hatten hier im Prattelsack ihre Geburtsstätte. Beim Betreten der Halle , in die uns damals Meister Z. führte, sahen wir eine Menge pausbäckiger Kinderköpfe und keck gewundener Beinchen und Ärmchen als Genien, wir erblickten eine ganze Korporalschaft von Fischreihern, reichornamentierte Eber- und Pferdeköpfe. In einem weiteren Raum mit fertigen Figuren, zum Teil von Riesenformen, eröffnete sich uns ein Stück Olymp. Hier trug der kniende Riese Atlas auf seinen Schultern bald die Weltkugel als elektrische Laterne, bald eine riesige Brunnenschale. Dort schwebte die hohe Gestalt eines schlanken Merkur, weiterhin stand mit mächtigem Eindruck die 10 Meter hohe Figur der Siegesgöttin im Triumphwagen mit einer Quadriga von schäumenden Rossen. Unser Auge ruhte auf einer allegorischen weiblichen Figur, die ein mächtiges Füllhorn hielt. Daneben standen Vasen, eine Reihe von überlebensgroßen Störchen und von schildhaltenden Löwen. Manchmal pfuschte der kunstfertige Zinkgießer der schaffenden Natur ein wenig ins Handwerk, z.B. bei einer Menge von grauen, toten Aloes, die später in grünem Anstrich auf Balkonen und Mauern echte Tropenpflanzen nachahmten. Ein auffallendes Stück waren ein mächtiger Gambrinus und ein Fallstaff, die in ihrer Verkupferung den Anschein von Bronze annahmen. Dazwischen standen Wetterfahnen, Kirchturmhähne, Schmuckerker, Turmspitzen und Kuppeln in malerischem Durcheinander.“

Im Jahre 1909 traten die Herren Moritz Kraus und Henri Walchenbach jr. an ihren Teilhaber Julius Peltzer, der 1898 nach dem Tode seines Vaters Johann Adolf Felix Peltzer dessen Anteil übernommen hatte, mit der Absicht heran, aus der Firma auszutreten und die Gesellschaft aufzulösen. Es ist das besondere Verdienst von Julius Peltzer, dass der in jahrhundertealter Tradition auch in ihm lebende Unternehmergeist damals die vollständige Auflösung der Firma verhinderte. Er wandte sich an seine Brüder Karl Peltzer und Ernst Peltzer mit dem Vorschlag, die Anteile von Kraus und Walchenbach zu erwerben und die Firma unter der Inhaberschaft der Gebrüder Peltzer weiterzuführen.

Seit 1909 war die Firma dann im alleinigen Besitz der Familie Peltzer.

In den Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg war es der Firma gelungen, sich zu der bedeutendsten deutschen Zinkornamentefabrik emporzuarbeiten. Abgesehen von Inlandslieferungen wurden damals große Auslandsaufträge ausgeführt, so z.B. die vollständige Blendverkleidung ganzer Kirchen in geprägtem Zinkblech, deren Gerippe in Eisenkonstruktion hergestellt waren. Derartige Bauten wurden in überseeischen Erdbebengebieten als Ersatz für solche aus Stein errichtet. Indische Maharadschas bestellten große Springbrunnen, und unter den Händen tüchtiger Ornamenteklempner entstand noch kurz nach der Inflationszeit die Kupferbedachung für das Parlamentsgebäude in Bogota (Kolumbien) mit Mansardfenstern, Türmchen und Figuren.