Arbeitskreis Stolberger Geschichte
Erläuterungen zur Ausstellung MEINE HEIMAT „Stolberg zur Zeit der Industrialisierung“
Herausgeber: Arbeitskreis Stolberger Geschichte
Zusammenstellung: Heinz Foltz
9. Die Kalkindustrie
Helmut Schreiber
„Seit 4000 Jahren ist dem Menschen das Kalkbrennen bekannt. Älteste Kalköfen einfachster Bauweise stammen aus Mesopotamien, Kleinasien. Das Kalkbrennen geht wahrscheinlich auf die Beobachtung zurück, dass Kalksteine, die um eine Feuerstelle angeordnet waren, zu weißem Branntkalk gebrannt wurden. Kam dieser Branntkalk mit Wasser in Berührung, band er ab und wurde hart. Das war die Geburtsstunde des Mörtels." (1)
Bereits in frühen Epochen nutzten die Menschen Kalk zum Düngen der Felder oder als Werkstoff. So sind auch die Kalksteinvorkommen im Stolberger Raum sicherlich schon frühzeitig abgebaut worden, jedoch erst seit der Zeit der römischen Besetzung der Rheinlande durch archäologische Funde belegbar.
Die um 1880 nahe dem Stolberger Hauptbahnhof entdeckte Römervilla wies z.B. Reste von Kalkmörtel und -putz auf. Im ehemaligen Ausgrabungsgelände des Tempelbezirks Varnenum, zwischen Breinig und Kornelimünster, konnten ebenfalls teilweise bemalte Putzstücke registriert werden. (2)
Kalkputz und Kalkmörtel setzen gebrannten Kalk voraus. Kalkbrennereien waren, wie die Steinbrüche, in römischer Zeit vorwiegend Staatsbetriebe und unterstanden dem Militär.
In Gressenich haben jedoch offenbar auch Zivilisten in bescheidenem Rahmen Kalk gebrannt.
Größere Mengen Kalk gewann man nach bisherigen Erkenntnissen in Niedergermanien im Raum Bad Münstereifel-Iversheim. Dort waren die Voraussetzungen zur Kalkgewinnung aus mancherlei Gründen ideal. „Die insgesamt sechs birnenförmigen, etwa 4 m hohen und 3 m breiten Kalkbrennöfen, die in den Jahren 1966-69 an einem Hang unweit von Iversheim ausgegraben wurden, waren aus Grauwacke schachtartig aufgemauert und innen mit Lehm ausgeschmiert. Die Ofenschnauze zum Beschicken der Befeuerungskammer mit Brennholz, von dem in der Erftniederung und in den umliegenden Wäldern genügend vorhanden war, befand sich ca. 2 m über der Brennsohle. Im Ofeninnern verlief in halber Höhe ringsherum eine Bank; darauf wurde ehemals - wie ein moderner Brennversuch in einem rekonstruierten Ofen ergab - eine Kuppel, der sogenannte Himmel, aufgesetzt, der das von oben eingefüllte Rohgestein trug. Günstige Windströmungen sorgten für Temperaturen bis
1100 Grad Celsius. Brennöfen dieses Typs, der bislang nur aus dem Rheinland bekannt ist, hatten ein Fassungsvermögen von 25 Tonnen Dolomit; dies bedeutet nach dem fertigen Brand 12,5 Tonnen Stückkalk. Ein Brennvorgang dauerte etwa 9 bis 10 Tage." (3)
Den gebrochenen Kalkstein nutzten die Römer auch als Baustein.
Wann man mit dem planmäßigen Abbau der Kalksteinvorkommen im Stolberger Raum begann, ist nicht genauer zu datieren. Die Rohstoff-Grundlage bildeten die am Fuße des Venn-Sattels stark entwickelten Schichtenfolgen des Mitteldevons sowie weiter nördlich des Unterkarbons.
Die Gesteinsschicht des Mitteldevons ist u.a. etwa ab der Vichter Leuwstraße bis Vicht-Dreieck im Steinbruch Frahnsen aufgeschlossen. Sie wird dort durch dolomitisierte Massenkalke, die sich im Zeitalter des Mitteldevons vor etwa 380 Millionen Jahren in einem lagunenartigen Flachmeer bildeten, vertreten. Damals entstanden in dem durch Schwellen und Inseln gegliederten Gewässer - ähnlich wie heute noch in der Karibik und vor Australien - Riffe. (4)
Sie wurden hauptsächlich von Korallen und Stromatoporen, die zu den Hohltieren (Coelenterata) gehören und ein kalkhaltiges Skelettgerüst aufbauten, gebildet. Auch Kalkschalen von Brachiopoden (Armfüßler) und Muscheln sowie Schneckengehäuse trugen zum Aufbau der Riffe bei. Da in den warmen tropischen Meeresgewässern Kalziumkarbonat gelöst vorkommt, entzogen die Tiere dem Wasser das Karbonat und nutzten es zum Aufbau ihrer Kalkgerüste und Kalkschalen, so wie der Mensch durch die Nahrungsaufnahme Kalzium für seinen Knochenaufbau zu sich nimmt.
Die größeren und vielzähligen Kleinlebewesen des Meeres, die wir heute oft als Fossilien wiederfinden, starben milliardenfach ab, sanken auf den Meeresboden, wo sie als Sediment (Ablagerung) in feinstkörnige Kalk- und Dolomitschlämme oder in kalkige Sande und Tone eingebettet wurden.
Nach der Verfestigung der Sedimente - ausgelöst durch die eigene Mächtigkeit und durch den Druck, der in Jahrmillionen bei der Hebung und Senkung der Erdkruste entstand, stellen sich die Kalkablagerungen als Kalk-, Dolomit-, Mergel- und Kalksandstein sowie massige Riffkalksteine dar. (5)
Durch zahlreiche Steinbrüche, von Raeren über Schmithof, Hahn, Venwegen, Breinig, Vicht bis nach Gressenich können die Ablagerungen des Mitteldevons beobachtet werden. In Falten und Hohlräumen konnte sich Kalzium auskristallisieren, und es entstanden ihrem Atomgitter gemäß geformte Mineralstufen aus Kalzit und Aragonit.
Während des Unterkarbons, vor etwa 350 Millionen Jahren, bildeten sich die Kalksteinvorkommen, die heute u.a. bei Schützheide, Bauschenberg und am Jungfernstein zu sehen sind. Sie werden als „Kohlenkalk" bezeichnet. Der Name deutet auf die in der gleichen Epoche entstandenen Steinkohlenlagerstätten hin.
Der helle ausgewitterte Kalkfelsen des Jungfernsteins und der Stolberger Burgfelsen verraten die gleiche Herkunft, allerdings hat der Hammerberger Sattel, dessen Auffaltung sehr deutlich am Bachbett gegenüber den Prym-Werken zu verfolgen ist, diese getrennt.
Die Meeresfauna leistete und leistet heute noch einen bedeutenden Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht, indem sie ungeheure Mengen Kohlendioxyd zur Bildung ihrer Kalkskelette nutzt, die in den Kalkgesteinen gebunden sind.
„Chemisch gesehen ist der Kalkstein ein Salz der Kohlensäure, d.h. eine Verbindung des Minerals Kalzium mit Kohlendioxid. Beim Kalkbrennen wird dieses ausgetrieben, und Kalziumoxid bleibt zurück." Beim Dolomit ist noch Magnesium mit gebunden.
Die Zersetzung des Kalksteins beginnt bei 900 Grad Celsius. Um den Vorgang zu beschleunigen, wird in den Kalköfen mit einer Temperatur von 1200 - 1300 Grad Celsius gebrannt.
Kalköfen wurden bereits im frühen Mittelalter auch im Vichttal betrieben. Sie entwickelten sich aus dem anfänglich primitiven Meilerverfahren zunächst zu kleinen runden oder viereckigen Trichteröfen, wesentlich später erst zu Konstruktionen, die den dann folgenden Schachtöfen immer mehr ähnelten und die eine umfangreiche technische Weiterentwicklung erfuhren.
Südlich von Werth konnten 1967 von Archäologen in der Gemarkung „Am obersten Busch" alte Kalkbranntgruben untersucht werden. Es waren steilwandige Löcher, 3-4 m breit und ca. 2 m tief, deren Füllung aus einer Schicht Holzkohle, darüber etwa 20 cm feiner Kalkschutt und darauf gröbere, meist angebrannte Kalksteine, im oberen Teil mit Lehm vermischt, bestand. Eine genaue zeitliche Datierung dieses Fundes erfolgte nicht, es wurde aber von älteren Anwohnern berichtet, dass an dieser Stelle noch am Ende des vergangenen Jahrhunderts in solchen Gruben Kalk gewonnen wurde. Die Gruben wurden jeweils nur einmal genutzt und ergaben eine Fuhre Kalk.
In der Kalkproduktion war Jahrhunderte hindurch der nebenberuflich geführte Kleinbetrieb vorherrschend. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich dann daneben mittlere Betriebe. Eine großindustrielle Kalkproduktion kam im Stolberger Raum in einzelnen Betrieben erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf. Gebrannten Kalk nutzte man zunächst nur zur Herstellung von Mörtel zum Mauern und Verputzen im Baugewerbe, dazu noch zum Düngen.
Das änderte sich mit dem Beginn des Industriezeitalters. Kalk wurde zum wichtigen Rohstoff bei der Stahl- und Glasherstellung, in der Chemischen Industrie zu einer der wichtigsten Basen. Bei der Aufbereitung und Klärung von Abwässern und deren Neutralisation wird Kalk eingesetzt, ebenso bei der Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke und sogar in der Zuckerindustrie, um nur einige Anwendungsgebiete zu nennen. (10)
Im Folgenden wird die Geschichte verschiedener Kalkwerke im Stolberger Gebiet kurz beschrieben:
Im innerstädtischen Bereich der heutigen Stadt Stolberg gab es damals zunächst das Büsbacher Kalkwerk, besser bekannt unter dem Namen „Rotsch" (Die Bezeichnung ist aus dem Französischen abgeleitet: rocher = Fels). Bereits 1863 betrieb Reiner Ahren hier einen Kalkofen. Im Jahre 1897 beantragte der Aachener Hütten-Aktienverein Rothe Erde die Genehmigung zur Errichtung eines Trichterofens und eines Ladeschuppens dort und übernahm zwei Jahre später das Büsbacher Kalkwerk, um seinen Kalkbedarf für die Stahlerzeugung zu sichern.
Solche Trichteröfen haben ihren Namen nach dem trichterförmigen Ofenprofil, das aus Sandsteinen oder Quarzit, später aus Schamotte-Steinen gemauert war. Die äußere Form, vielfach aus Natursteinmauerwerk, war meistens viereckig, passte sich aber auch bei manchen Öfen dem fünfeckigen Innenprofil an. Zwischen Brennschacht oder -trichter und der Außenmauer befand sich eine Hinterfüllung als Isoliermantel. Von oben gab man den Kalkstein und den Brennstoff (Holz, Holzkohle, Kohle, Koks) über eine Beschickungsbühne schichtweise hinein. Mittels unten angebrachter Zuglöscher, deren Zahl je nach Ofentyp variierte und durch die auch das Abziehen des Branntkalkes erfolgte, gelangte die für den Brennvorgang benötigte Frischluft in den Ofen. Die sich erwärmende Luft stieg nach oben in die Brennkammer, dadurch wurde stetig neue Luft angesaugt. (11)
Bis zum Jahre 1906 baute der Aachener Hütten-Aktienverein Rothe Erde das Kalkwerk an der Rotsch zum zweitgrößten in Stolberg aus und stattete es mit vier modernen Schachtöfen aus. Zu dieser Zeit beschäftigte die Betriebsführung neben einheimischen auch italienische Arbeitskräfte. Um 1918 stellte man den Betrieb ein. Die Gebäude und die damaligen Kalköfen wurden abgerissen. Noch Jahrzehnte erinnerten die Reste der alten Beschickungsrampe der ersten Öfen an das frühere Kalkwerk. (12)
In Reichweite zur Stolberger Burg auf ihrem markanten Felsen aus Kohlenkalk befindet sich der Steinbruch Gehlen mit einem restaurierten Kalkofen. Im Jahr 1897 begann Heinrich Gehlen hier mit dem Abbau von Kalkgestein, den er zunächst an das Hüttenwerk Rothe Erde lieferte. Einer größeren Wertschöpfung Rechnung tragend baute er schon bald einen eigenen Kalkofen, 1899 brannten bereits drei Öfen am Rande des Steinbruchs. So konnte er den im eigenen Betrieb gewonnenen Branntkalk an das Hüttenwerk liefern. Andere Abnehmer kamen aus der Chemischen Industrie, z.B. die „Solvay-Werke" in Würselen und das Werk „Rhenania" in Stolberg-Atsch. Das Kalkwerk Gehlen belieferte außerdem andere Kalkwerke, die den Branntkalk zu Weißkalk, gemahlenem Branntkalk, Düngekalk oder Kalkasche weiterverarbeiteten.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert erreichte die Stolberger Kalkindustrie allgemein, wie auch das Kalkwerk Gehlen, einen ersten Produktionshöhepunkt.
Nach einer durch Arbeiter- und Kohlemangel bedingten Stilllegung im Ersten Weltkrieg, von Juli 1917 bis zum Ende des Jahres 1918, nahm der Betrieb im Jahr 1919 die Produktion wieder auf, doch durch die Schließung der Solvay-Werke bestanden noch erhebliche Absatzschwierigkeiten, die erst mit Beginn der deutschen Wiederaufrüstung im Jahre 1935 behoben waren. Nach vorübergehendem Einbruch im Zweiten Weltkrieg erreichten die Produktionszahlen in der Aufbauphase um 1950 einen zweiten Höhepunkt.
Danach setzte ein genereller Konzentrationsprozess in der Kalkindustrie ein. Kleinere und mittlere Betriebe arbeiteten gegenüber den großen mit modernen automatisch betriebenen Brennöfen (Schacht- und Drehöfen) ausgestatteten Werken unrentabel und waren kaum noch konkurrenzfähig, so dass 1954 in „Gehlen's Kull" die Produktion eingestellt wurde. (13)
Die Fortsetzung des Kohlenkalks nach Südwesten bildet den Untergrund der Büsbacher Gemarkung Atzenach. Im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts sind hier eine Reihe kleinerer Betriebe entstanden, welche die Kalkvorkommen auf eigenem Grund und Boden nutzten.
Im Jahre 1891 betrieb der Kalkbrenner Christian Weber dort einen Steinbruch mit einem Kalkofen, später noch als „Webers Küllche" bezeichnet.
Cornelius Flamm aus Büsbach beantragte 1897 den Bau eines Trichterofens in der Atzenach. Er betrieb schon einen Steinbruch zu Hammerich, südlich Gut Hassenberg.
Im Jahre 1898 beantragte auch Hubert von der Broeck den Bau eines Kalkofens auf eigenem Grundstück in der Atzenach.
An anderer Stelle im weiteren Verlauf der Kalkschichten nach Südwesten hatte schon 1883 der Kalkbrennereibesitzer Wilhelm Hoven aus Krauthausen den Bau eines neuen Kalkofens bei Dorff beantragt. (14)
Das Kalkwerk Gebr. Gussen GmbH & Co KG besteht seit 1907 auf dem Höhenrücken der Atzenach, nahe der Straße am Oberstein. Den ersten dort betriebenen Kalkofen ersetzten die Gebrüder Josef und Wilhelm Gussen im Jahre 1938 durch zwei modernere Öfen. Durch Anlagen zur Weiterverarbeitung von Kalkstein und gebranntem Kalk (Mahlwerke) wurde der Fortbestand gesichert. Das Werk ist heute noch in Betrieb. (15)
Die beiden Kalkwerke „Rüst" und „Bärenstein", die ab 1911 in den Besitz der Westdeutschen Kalkwerke AG, Köln, überführt wurden, haben ihren Ursprung ebenfalls im vergangenen Jahrhundert.
Bereits 1850 ist am Bärenstein ein Kalkofen bezeugt. Raymund Lynen, Messingfabrikant in Stolberg, beantragte in diesem Jahr die Inbetriebnahme eines Kalkofens. Im Jahre 1866 wird B. Alff als Besitzer dieses Werkes genannt, der vier Jahre später die Betriebsführung an Fritz zur Mühlen übertrug. Dieser baute dort bis 1898 eine Zerkleinerungsanlage für Kalkstein und mehrere Öfen. Diese Öfen brannten 70 Jahre. Fritz zur Mühlen ließ zudem einen Bahnanschluss einrichten.
Am 21. Mai 1906 berichtete die Tageszeitung „Echo" von einem Streik im Werk Bärenstein. Als Inhaber ist Daniel zur Mühlen erwähnt. Scheinbar bestand neben dem Kalkwerk Alff dort mittlerweile ein weiteres Werk, das der jüngere Bruder des Fritz zur Mühlen betrieb.
Unweit des Bärensteins, in der Rüst, erbaute Friedrich Wilhelm zur Mühlen, ein Vetter des Fritz zur Mühlen, 1896 am Dummelstein drei Kalköfen, in Jahresfolge drei weitere. Eine Zeitungsnotiz hierzu aus dem Jahre 1897 lautet: „Einen flotten Betrieb mit durchschnittlich 50 Arbeitern hatte das Kalkwerk 'zur Mühlen' auf dem Dummelstein". Die Produktion betrug damals 8.000-10.000t Kalk pro Jahr. Der Versand erfolgte hauptsächlich mit der Bahn. Durch diese Ausweitung seiner Produktionseinrichtungen und deren Modernisierung war Friedrich Wilhelm zur Mühlen zum Pionier, hin zur großindustriellen Entwicklung des Kalkwerkes geworden, das er auch zukünftig weiter ausbaute. 1898 stellte das Bürgermeisteramt Büsbach die Genehmigungsurkunde zum Bau eines Pulverhauses aus. Man nannte das Werk fortan „zur Mühlen I". Die Produktion betrug 1904 bereits 48.000 t Kalk, die in 12 Öfen produziert wurden. Die Belegschaft war auf 85 Arbeitnehmer angewachsen.
Ab 1911 ging dieses Unternehmen, wie schon erwähnt, in den Besitz der Westdeutschen Kalkwerke AG, Köln, über. Auch das Kalkwerk Alff am Bärenstein wurde in diese Aktiengesellschaft einbezogen.
Eine Produktionsübersicht aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ergibt Folgendes:
Jahr |
Ofenzahl |
Produktion Kalk |
Rohmaterial |
Belegschafts-stärke ca. |
1911 |
15 |
60.000 t |
25.000 t |
115 Mann |
1912 |
19 |
90.000 t |
28.000 t |
150 Mann |
1914 |
19 |
90.000 t |
30.000 t |
150 Mann |
Ab 1936 firmierte das Unternehmen: „Westdeutsche Kalk- und Portlandzement-Werke Aktien-Gesellschaft, Köln". Im Jahr 1935 wurden fünf Kalksilos mit einem Fassungsvermögen von je 1.000 t erbaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg erneuerte und verbesserte man die Betriebsanlagen laufend. Im Dezember 1955 wurde beim Werk Bärenstein die moderne und sehr leistungsfähige Neuanlage eines Kalkofens in Betrieb genommen. Die Produktionsleistungen betrugen 1953 bei 19 Öfen 164.600 t Kalk und 258.200 t Rohmaterial-Erzeugung bei einer Belegschaftsstärke von rund 300 Personen. Mit diesem Werk war Stolberg damals zu einem der bedeutendsten Standorte der Kalkgewinnung in der Bundesrepublik geworden. (16) Durch strengere Auflagen an die Betriebsführung, die einem gestiegenen Umweltbewusstsein entsprangen, und aus vielerlei anderen Gründen wurde das Werk Stolberg der Westdeutschen Kalk- und Portlandzement A.G. im Jahre 1975 aufgegeben.
Eine tektonische Störung setzt dem nordöstlichen Verlauf des Kohlenkalkzuges bei Hastenrath ein Ende. Dort betrieb der Kalkbrenner Aloys Heinen östlich der Albertsgrube und westlich von Hastenrath gelegen schon 1863 einen Trichterofen. Auf dem Gelände des heutigen Hastenrather Kalkwerkes baute Wilhelm Meyer im Jahre 1904 den ersten Kalkofen. In diesem Kalkwerk wird heute noch Kalk gebrannt. (17)
Bei Vicht, in der Gemarkung „Im Loh", errichtete im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts Johann Ludwig Steffens einen Kalkofen, vermutlich um 1865. Zwanzig Jahre später kam dieser in den Besitz von Hubert Stiel. Nach dessen Tod führten die Söhne Hubert und Johann Stiel den Betrieb, der auf die Eigentümerin Frau Wwe. Hubert Stiel eingetragen war, weiter. Im Jahre 1912 beantragten diese anlässlich einer umfangreichen Ausbesserung des Ofens eine Vergrößerung. Der Kalkofen wurde um 3 m aufgestockt. Außerdem baute man eine neue Beschickungsrampe, die über den dort vorbeiführenden Weg nach Breinigerberg geführt wurde. (18)
Wegen seiner Bedeutung für Breinig und darüber hinaus soll auch die Geschichte des Kalksteinbruchs „auf dem Schomet" in Breinig Erwähnung finden, obwohl hier nicht für die Kalkproduktion gearbeitet, sondern wertvolle Hau- und Werksteine gebrochen wurden. Im Steinbruch auf dem Schomet baute man seit 1843 Kalkstein ab. Damals, vor über 150 Jahren, kaufte Peter Jakob Hennecken dort ein Grundstück „zum Betreiben eines Steinbruchs". Den in dicken Bänken anstehenden Kohlenkalk nutzte man im Allgemeinen als Baustein. Er wurde auch als „Breiniger Marmor" bezeichnet oder „Blaustein" genannt. Die Steinmetze und „Pitschierer" bearbeiteten das Gestein zu Blöcken und „Hammerrechten". Die Bausubstanz „Alt Breinig" zeigt eindrucksvoll die Nutzung des Blausteins als Baustein. Der heute noch in der vierten Generation geführte Familienbetrieb Hennecken gab den Steinbruch etwa 1970 auf. Zu dieser Zeit waren noch weitere Mitinhaber daran beteiligt (Dautzenberg, Emonds, Paulzen). Die Grube wurde teilweise zugeschüttet. (19)
Anmerkung:
Die hier vorliegende Aufarbeitung der Geschichte von Steinbrüchen und Kalkwerken aus dem Stolberger Raum möchte anhand einiger Betriebe, deren Entstehung und Entwicklung sich zur Zeit der Industrialisierung vollzog, Geschichte erfahrbar machen, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Quellen:
1) |
W. Käsig / Ch. Laschet: |
Geologische Karte der Sötenicher Mulde, 1984, Tafel 4
|
2) |
Horst-Günter Kleis:
H. Löhr / |
„Die Römerzeit im Stolberg-Gressenicher Raum" in „Stolberg, eine römische Vergangenheit, Funde und Berichte", Teil l; Maschinenskript von 1963, Bonner Jahrbücher, Bd. 166, S. 571 |
3) |
Michael Geeinter: |
„Das römische Heer in der Provinz Niedergermanien“ in |
4) |
W. Käsig / Ch. Laschet:
Helmut Schreiber: |
a.a.O. Tafel 2
„Stolbergs geologischer Untergrund“ in „Die schöne Eifel“, Bd. Stolberg, Hrsg. Eifelverein, Trier, 1985, S. 104f
„Die geologischen Gegebenheiten" (im Vichttal) in |
5) |
W.S. McKerrow:
W. Kasig / Ch. Laschet: W. Schröder / R. Sichelschmidt H. Vester: |
„Palökologie, Lebensräume, Vergesellschaftungen, Lebensweise und Funktion ausgestorbener Tiere und ihrer Veränderungen im Laufe der Erdgeschichte1“. a.a.O. Tafel l
„Natur und Technik" Arbeitsbuch für Physik und Chemie, |
6) |
Paul Kirch: Helmut Schreiber: |
a.a.O. S. 104f a.a.O. S. 17f |
7) |
Herbert Meyer: |
„Geschichte der Stolberger Kalkindustrie", Maschinenskript zu einem Lichtbildervortrag vom 6.10.1984, S. 2 |
8) |
Clemens Bruckner: |
„Zur Wirtschaftsgeschichte des Regierungsbezirks Aachen", Hrsg. Rhein.- Westf. Wirtschaftsarchiv Köln, 1967, S 134 |
9) |
H. Löhr: |
Bonner Jahrbücher, Bd. 168, 1968, Jahresbericht von 1966, S 490f |
10) |
Herbert Meyer: Clemens Bruckner: |
a.a.O. S. 2 a.a.O. S. 134 |
11) |
W. Käsig / Werner Käsig: |
a.a.O. Tafel 4
„Der Kalkofen an der Bilstermühle in Kornelimünster", |
12) |
Herbert Meyer: Richard Hamacher: Paul Emunds: |
a.a.O. S. 9 u. 13 „Die Entwicklung der Stolberger Industrie", „Rauchfahnen-Streikfahnen-Staubfahnen auf Rothe Erde, |
13) |
Richard Hamacher: Paul Kirch: |
a.a.O. S. 61
Erläuterungstafel im Steinbruch Gehlen |
14) |
Herbert Meyer: |
a.a.O. S. 9 u. 14 |
15) |
Richard Hamacher: |
a.a.O. S. 62 |
16) |
Herbert Meyer: Richard Hamacher: |
a.a.O. S.9f a.a.O. S. 61f |
17) |
Herbert Meyer: |
a.a.O. S. 10 u. 15 |
18) |
Rudolf Dreuw:
Stadtarchiv Stolberg: |
„Der Wandel dörflicher Wirtschaftsstrukturen im 19. und Bestand Gemeinde Gressenich, Akte 871 |
19) |
Archiv Heimatverein |
AVZ vom 22.6.1993: „Eine Firma mit Tradition" (uk) |
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